Braniewo (Braunsberg) – Die älteste Stadt im Ermland

Klein Rom an der Passarge

Blick auf das alte Braunsberg 1684, Foto: aus Christoph Hartknochs „Alt- und Neues Preussen“,CC0

Blick auf das alte Braunsberg 1684, Foto:  aus Christoph Hartknochs „Alt- und Neues Preussen“,CC0

Die Region um die Mündung der Passarge ins Frische Haff war schon im frühen Mittelalter von Prussen besiedelt. Doch die Geschichte der Region als Handels- und Umschlagplatz vieler Güter ist noch älter. Schon zu Römerzeiten gab es hier einen Hafen und einen Hanndelsplatz, das belegte der Fund eines Schatzes an römischen Goldmünzen in einem Grab bei Groß Tromp (Trąby). Bei Grunenberg (Gronkowo) liegt bis heute ein Opferstein im Fluß, dazu fand man an der Passargemündung prussische Schanzen, Wallanlagen und Burgreste.

Aus der Geschichte der Stadt Braunsberg (Braniewo)

Die Ritter des Deutschen Ordens erreichten die Passargemündung schon um 1240 bei ihren ersten Feldzügen entland der Ostseeküste. Dort erbaute der Orden um 1240 die Burg Braunsberg, die ihren Namen vermutlich nach dem prussischen Brusebergue erhielt, was Prussensiedlung bedeutet.

Anselm, der erste Bischof des Ermlands, machte Braunsberg 1251 zum Sitz des Domkapitels, was die Burg bis 1341 blieb. Im Schatten und Schutz der Burg ließen sich norddeutsche Siedler nieder. Sie waren mit dem Lübecker Ratsherrensohn Johann Fleming dorthin gekommen. Schon 1254 verlieh Bischof Anselm der aufblühenden Siedlung lübisches Stadtrecht.

Doch dann kam der große Prussenaufstand der 1270er Jahre, bei dem die junge Stadt verwüstet und abgebrannt wurde. Bischof Heinrich I. Fleming (1278-1300), der Bruder Johann Flemings, des einstigen Anführers der Siedler war gezwungen, das Domkapitel nach Frauenburg zu verblieben.. Doch die Siedler ließen sich nicht vertreiben und bauten eine neue Siedlung etwas weiter stromaufwärts im Schutz einer Flußwindung auf. Dieser Ort war auch sicherer vor Hochwassern. Das neue Braunsberg erhielt 1284 von Bischof Heinrich I. Fleming (1278-1300), dem Bruder Johann Flemings, des einstigen Anführeres der Siedler lübisches Stadtrecht. Da der Ort dieser neuen Siedlung auch der des heutigen Braunsberg ist, gilt das Jahr 1284 als Gründungsjahr der Stadt. Im Jahr 1296 wurde dort, wo heute der Gymnasiumsplatz ist, ein Franziskanerkloster gegründet.

Braunsberg wuchs und der Hafen sollte im großen Stil erweitert werden, weshalb die damalige Stadtgröße nicht mehr ausreichte. Daher wurde 1341 unter Bischof Hermann von Prag die Neustadt gegründet, die ebenfalls lübisches Recht erhielt. Endgültig vereinigt wurden die beiden Städte erst 1772, als Braunsberg nach der Teilung Polens mit dem Ermland zu Preußen kam.

Braunsberg wuchs weiter, lag es doch privilegiert an den wichtigen Handelswegen und wurde zum wichtigsten Hafen im Ermland. Die Stadt wurde so bedeutend, dass sie 1358 sogar der Hanse beitrat, Stapelplatz wurde und bis 1608 Hansemitglied blieb.

Als nach der verlorenen Tannenbergschlacht von 1410 der Niedergang des Ordens begann, schloss sich Braunsberg dem rebellierenden Preußischen Bund an und hatte im Städtekrieg 1454-1466 unter dem Schreckensregime der Stadteroberer zu leiden. Seit dem Zweiten Thorner Frieden von 1466 stand das Ermland unter polnischer Oberhoheit.

Lyceum Hosianum und Stadtmauern von Braunsberg (Braniewo) Foto: Lestat (Jan Mehlich), CC-BY-SA-2.5

Lyceum Hosianum und Stadtmauern von Braunsberg (Braniewo) Foto: Lestat (Jan Mehlich), CC-BY-SA-2.5

Im Jahr 1525 wurde der Ordensstaat in ein weltliches, erbliches Herzogtum Preußen umgewandelt mit dem letzte Ordenshochmeister Albrecht von Brandenburg Ansbach als erstem Herzog. Mit dieser Umwandlung wurde Preußen protestantisch. Das Ermland aber war schon seit 1466 unter polnischer Oberhoheit und war als „Preußen königlichen Anteils“ bis zur ersten Teilung Polens 1772 direktes Lehen der polnischen Krone. Ab 1551 setzte Bischof Anselm Hosius die Gegenreformation im inzwischen zu weiten Teilen ebenfalls protestantischen Ermland in Gang um die Bürger des Ermlands in den Schoß der karholischen Kirche zurück zu holen. Das Bistum setzte in der Folge auf mehr Bildung, um auch mehr Priester ausbilden zu können. So gründete Bischof Stanislaus Hosius 1565 mit dem Lyceum Hosianum eine katholisch geprägte höhere Lehranstalt, die später zum katholischen Gymnasium in Braunsberg wurde, das bis 1945bestehen blieb. Im Jahr 1578 wurde zudem ein Seminar für die Missionierung der nordischen Länder gegründet. Braunsberg wurde zum bedeutenden kulturellen Zentrum vor allem aber zum katholischen Bildungszentrum des Ermlands. Eine private, schon seit 1589 bestehende Druckerei wurde 1697 von den Jesuiten übernommen. Noch lange bemühte man sich Braunsberg zur Universitätsstadt zu machen, doch das gelang nicht. Doch die Ansiedlung katholischer Organisationen gin weiter, im Jahr 1571 gründete die selige Regina Protmann den Orden der Katherinerinnen.

Schwer zu leiden hatte Braunsberg während des von 1626 bis 1635 dauernden ersten schwedisch-polnischen Kriegs und der schwedischen Besetzung. Besonders das Jesuitenkolleg war betroffen, vor allem der Raub der Bibiothek verbrachte unersetzliche Kulturgüter außer Landes. Bis heute befinden sich die Bücher und Inkunablen in der schwedischen Universität Uppsala. Nach dem Nordischen Krieg, in dem 1703 der schwedische König Karl XII. im Braunsberger Steinhaus residierte, kamen friedlichere Zeiten. So ließen die Jesuiten 1743 bis 1771 das Gymnasium erbauen. Kurz danach hob Papst Clemens XIV. allerdings den Jesuitenorden auf.

Nach der Ersten Teilung Polens kam Braunsberg 1772 zu Preußen und wurde schon im Jahr darauf Garnisonsstadt. Die Stadt prosperierte im folgenden Jahrhundert weiter, als einige Gewerbe- und Industriebetriebe sich ansiedelten. Dem wachsenden Bildungsbedarf des Bürgertums wurde durch die Reorganisation und Neueröffnung des humanistischen Gymnasiums Rechnung getragen. Den Gedanken an eine Universität hatte man begraben, Königsberg und die Albertina waren zu nahe. Doch wurde im Jahr 1821 das nun königliche Lyceum Hosianum um mit der theologischen und philosophischen Fakultät einer Hochschule gleichgestelellt. Hier wurden vor allem die künftigen Priester des Ermlands ausgebildet. Im Jahr 1912 wurde das Hosianum königliche Akademie, nach dem Ende der Monarchie 1919 staatliche Akademie. Den Namensbestandteil Hosianum erhielt nun das Gymnasium.

Lyceum Hosianum Braunsberg (Braniewo) Foto: Jacek Bogdan, CC-BY-SA-3.0-PL

Lyceum Hosianum Braunsberg (Braniewo) Foto: Jacek Bogdan, CC-BY-SA-3.0-PL

Inzwischen war Braunsberg 1852 an die Linie Marienburg-Braunsberg der Ostbahn angeschlossen. Am 1. August 1853 wurde dann der Streckenabschnitt Braunsberg-Königsberg von König Friedrich-Wilhelm IV. eröffnet. Die Eisenbahnlinie verband das kleine Braunsberg mit der großen Welt. Mit dem zunehmenden Transport von Gütern über die Bahn nahm die Bedeutung des Hafens ab. Seit 1879 war Braunsberg auch Gerichtssitz mit einem Amts- und Landgericht.

Im Januar 1945 fand sich Braunsberg im Heiligenbeiler Kessel wieder, der immer weiter von der Roten Armee eingedrückt wurde. Am 20. März wurde Braunsberg von der Roten Armee eingenommen, die Stadt war zu 85% zerstört. Seitdem liegt das seit 1946 polnische Braniewo in geopolitischer Randlage unweit der polnisch-russischen Grenze und fungiert auch als Grenzbahnhof.

Die Hauptsehenswürdigkeiten von Braunsberg

Die Heilig-Kreuz-Wallfahrtkirche

Die ermländische Wallfahrtskirche liegt etwas außerhalb der Stadt flußabwärts am linken Passargeufer. Die Heiligkreuzkirche ist eine der Perlen des ermländischen Barocks. Der Grundriss des Baus ist in Form eines griechischen Kreuzes ausgeführt. Dieser Grundriss ist für das Ermland einmalig. Erbaut wurde die Kirche auf Geheiß des ermländischen Bischofs und damaligen Primas von Polen Teodor Potocki (1723-1742). Geweiht wurde das Gotteshaus 1731. Der Hochaltar der Kirche stammt aus dem Jahr 1736 und wurde vom Rösseler Meister Johann Schmidt ausgeführt. Zentrales Objekt ist das verehrte Bild der Heiligen Dreifaltigkeit mit dem Gnadenstuhl von 1625. Die Kanzel stammt von Johann Frey und ist aus dem Jahr 1746.  Die beiden Seitenaltäre zur Verehrung des hl. Valentin (1730) und der Marienaltar (1746) stammen von Johann Schmidt.

Auch diese ermländische Wallfahrstkirche geht auf eine Legende zurück. Ein schwedischer Soldat hatte im ersten schwedisch-polnischen Krieg (1626-1635) ein Abbild der hl Dreifaltigkeit, dass an einer Eiche an der Passarge befestigt war, mit mehreren Schüssen aus seiner Muskete durchlöchert. Dabei soll Blut aus den Durchschusslöchern des Bilds geflossen sein. Von nun an wurde das Bild von den gläubigen Ermländern verehrt und zunächst in der polnischen Hauptstadt in Sicherheit gebracht. Nachdem die Gefahr vorüber war, wurde es in eine eigens für das Bild 1672 errichtete Kapelle gebracht. Da immer mehr Gläubige zur Veehrung des Bildes pilgerten, entschloss man sich schließlich die Wallfahrtskirche zu errichten.

Die Katharinenkirche

Mit dem Bau der Katharinenkirche wurde bereits 1346 begonnen, der rund 60 m hoher Kirchturm jedoch wurde erst 1426 erbaut. Die gotische Backsteinkriche ist eine der größten Kirchen des Ermlands. Das Kloster daneben ist neueren Datums, es wurde erst 1924 erbaut

Auch die Katharinenkirche wurde 1945 weitgehend zerstört. Die Kirche mit dem gewaltigen, weithin sichtbaren Turm wurde 1980 wiederaufgebaut.

 

Gymnasium Hosianum

Das für die Jesuiten erbaute und 1771 vollendete Kolleg dient bis heute als Gymnasium. Vom ursprünglichen Hosianum sind nur die Erdgeschoßmauern und eines der barocken Portale original erhalten. Alle übrigen Gebäudeteile wurden von 1960 bis 1973 wiederaufgebaut. Seit 1858 wurden im Pfaffenturm, dem Eckturm, der auch Eckpfeiler des einstigen Franziskanerklosters darstellte, die Schulsammlungen untergebracht. Vom Turm aus verläuft der Stadtgraben nach Süden, er hieß im Volksmund Pflaumengrund. Heute ist hier das Amphitheater der Stadt untergebracht.

Neben dem eigentlichen Kolleg stand früher das Lyceum Hosianum mit der theologischen und philosophischen Fakultät zur Ausbildung des Klerus in einem prächtigen Barockbau mit zwei Nebengebäuden. Das Priesterseminar war im 1551-1693 erbauten benachbarten Steinhaus untergebracht, das einst als bedeutendstes Bürgerhaus in ganz Ostpreußen galt. Diese Gebäude gingen 1945 verloren.

Weitere Sehenswürdigkeiten der Stadt sind die spätgotische, heute orthodoxe Dreifaltigkeitskirche. Heute katholisches Gotteshaus ist die einstmals evangelische Kirche, ein Bau aus der Architektur-Schule von Karl Friedrich Schinkel. Einige Fachwerkspeicher am Ufer der Passarge blieben stehen. Als einziger Teil der Bischofsburg ist das Burgtor erhalten, auch Reste der mittelalterlichen Stadtmauer und der Türme sind noch zu finden