Bunker-Route Ortelsburger Waldstellung zu besichtigen

Bunker bei Spychowo Foto: © Forstverwaltung Spychowo http://www.spychowo.olsztyn.lasy.gov.pl/

Spychowo Foto: © Forstverwaltung Spychowo http://www.spychowo.olsztyn.lasy.gov.pl/

Noch vor Sommerferienbeginn soll bei Spychowo (Puppen) in Masuren ein neuer historischer Lehrpfad als Bunker-Route eröffnet werden. Die rund vier Kilometer lange Strecke in den nahe gelegenen Wäldern zwischen Struga Spychowska (Puppener Fließ) und Zyzdroj Mały (Kleiner Sysdroysee) führt auf die Spuren alter deutscher Bunker. Vor Inbetriebnahme des neuen Lehrpfads wird die Befestigungsanlage vorbereitet. Es wird aufgeräumt, gesäubert, repariert und zu jedem Objekt ein sicherer Zugang auf Wegen und Treppen geschaffen. Dazu werden derzeit noch die letzten Informationstafeln an den Objekten angebracht und einige Visualisierungen, die den Alltag in der Stellungen zu Kriegszeiten begreifbar machen. Unter anderem werden auch vier Bunker hergerichtet, und zur Besichtigung freigegeben. Piotr Szopiński, Sekretär der Gemeinde Świętajno (Schwentainen), erklärte den Medien gegenüber, die Einrichtung des Lehrpfads gehe auf eine Idee der Bürgerinitiative zur Dorferneuerung zurück, man habe dafür einen Zuschuss von 18.500 zł vom nationalen Fonds zum Schutz der Umwelt erhalten.

Dem Ausbau der Bunkerroute ging eine Inventarisierung der Befestigungsanlage durch die Forstverwaltung Puppen (Spychowo) voraus, die 25 verschiedene Befestigungen wie Bunker und Kasematten dokumentierte, dazu kommen noch zahlreiche Einmann-Bunker, die sogenannten „Kochtöpfe“.

Die ursprünglich sich über 15 Kilometer erstreckenden Befestigungsanlagen wurden zwischen 1900-1944 als Ortelsburger Waldstellung angelegt. Die deutschen militärischen Befestigungen waren rein defensiv ausgerichtet und sollten Ostpreußen zunächst gegen die russische Armee des Zarenreichs nach Osten hin verteidigen helfen. Aufgrund der landschaftlichen Gegebenheiten war immer klar, dass ein russischer Angriff in zwei Flanken vorgetragen werden würde: Die Nordflanke würde sich am Pregel entlang nördlich der Großen Masurischen Seen auf Königsberg zubewegen, die südliche Flanke würde sich südlich der Seen Richtung Allenstein und weiter zu Haff und Ostsee vorgehen. Die Mitte sicherten die masurischen Seen. So kam es dann auch in beiden Weltkriegen.

Dazu waren an ausgesuchten strategisch wichtigen Punkten Befestigungsanlagen zur Verteidigung eingebaut wie bei Lötzen (Giżycko) die Feste Boyen. Dazu kam auf Landengen und Anhöhen ein ganzer Sperrriegel kleinerer Befestigungsanlagen. Die Defensivlinie, zu der die Ortelsburger Waldstellung gehörte, reichte von Nordosten bis hinunter in den Südwesten durch die ganze Johannisburger Heide.

Zu Baubeginn etwa um 1902 wurden einige Unterkünfte als Holzblockhäuser oder einfache Ziegelbauten errichtet, die Sicherungen bestanden überwiegend aus einfachem Stacheldraht. Doch sehr bald war die Artillerie so weit entwickelt, dass diese Bauten selbst leichteren Feldgeschützen nicht würden standhalten können. So wurden anstelle der Blockhäuser und Ziegelbauten nicht nur Betonunterstände, sondern auch Betonkasematten gebaut.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Befestigungsanlage weiter ausgebaut. Erich Koch, der Gauleiter Ostpreußens und seit Kriegsbeginn auch Reichsverteidigungskommissar, ließ im Frühherbst 1944 von Abertausenden Hitlerjungen, Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen in der im Volksmund „Schippschipp-Hurra“ genannten und von der Organisation Todt geleiteten Aktion den „Ostwall“ errichten. Der Ostwall sollte wie auch die Ortelsburger Waldstellung zu einer Ostpreußen-Verteidigungsstellung gehören, welche die Rote Armee aufhalten und Ostpreußen retten sollte.

Der Ausbau ging auch in der Ortelsburger Waldstellung bis Herbst 1944 weiter. Den jüngsten Bunker der Stellung mit 1,5 m dicken Mauern entwarf Hitler höchstpersönlich. Er wurde aber nicht mehr eingegraben. Dafür bescherte Gauleiter Koch auch Puppen seine neueste Kreation, dem im Volksmund „Kochtopf“ genannten Einmannbunker, der aus einer mannshohen, einem Abwasserrohr ähnelnden Betonröhre bestand. Man wird einige davon auch in den Wäldern von Puppen auf dem Rundgang entdecken.

Einmannbunker „Kochtopf“ in Masuren, Foto: B.Jäger-Dabek

Einmannbunker „Kochtopf“ in Masuren, Foto: B.Jäger-Dabek

Es wurde also in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts viel Aufwand betrieben im Wald von Puppen. Doch wurde aus dieser Ortelsburger Waldstellung weder im Ersten noch im Zweiten Weltkrieg auch nur ein Schuss abgegeben. Im Ersten Weltkrieg fanden sowohl die Schlacht an der masurischen Seen als auch die masurische Winterschlacht viel weiter nordöstlich statt. Im Januar 1945 zog sich die 4. Armee noch unter General Friedrich Hoßbach Richtung entstehendem Heilsberger Kessel ab. Hitler entließ Hosbach am 29. Januar 1945, weil er den rechtzeitigen Ausbruch aus dem eingeschlossenen Ostpreußen befehlen wollte. Die Rote Armee besetzte so die Ortelsburger Waldstellung kampflos.

Entlang der neuen Bunkerroute befinden sich vier Bunker sowie ein Panzerabwehrgraben, die im Rahmen der Maßnahme bereits gesäubert und für den Besucherverkehr hergerichtet wurden. Informationstafeln sollen über ihre Funktion und Geschichte Aufschluss geben.