Cadiner Majolika – Keramikkunst am Frischen Haff

Torhaus und Majolika-Fabrik in Cadinen, Foto:Textkorrektur, CC BY-SA 3.0, majolika1.jpg

Die Gegend um Cadinen (Kadyny) war schon für ihre umfangreichen Tonvorkommen bekannt, als Kaiser Wilhelm II. im Dezember 1898 das verschuldete Gut Cadinen gegen Entschuldung übernahm. Die zahlreichen Ziegeleien um Cadinenen und am ganzen Haffufer entlang belegten das. Auch zum nun kaiserlichen Privatgut Cadinen gehörte eine mit Handstrich arbeitende Ziegelei. Der neue Eigentümer Kaiser Wilhelm II. ließ das Tonmaterial von der Königlich Preußischen Porzellanmanufaktur (KPM) in Berlin auf seine Keramik-Tauglichkeit hin überprüfen.

Es zeigte sich, dass der Cadiner Ton sehr gut für die Herstellung feiner Keramiken geeignet war. Daraufhin ließ Wilhelm die Ziegelei erweitern und für die Keramik-Herstellung einrichten. Die Pläne dafür stammten vom Geheimrat Heinicke, der auch für die KPM tätig war. Die nötigen Maschinen für den Betrieb wurden aus Meißen bezogen. Die für die Schlemmerei nötigen Maschinen wurden von der Firma Jacob aus Meißen geliefert und stellten den damaligen Stand der Technik dar und waren qualitativ und die Modernität betreffend auf einem Stand mit den Anlangen der KPM und der berühmten Meißener Porzellanmanufaktur.

Die Bezeichnung Majolika wird von Mallorca abgeleitet. Dort befand sich einst ein Zentrum arabisch-maurischer Keramikkunst. Über Italien verbreitete sich diese Keramikart mit Glasur über ganz Europa. Zur Zeit der Gründung des Cadiner Majolikawerks bezeichnete der Begriff Majolika ganz allgemein bereits jede Art von glasierter gebrannter Keramik mit künstlerischem Anspruch..

Cadiner Farbdreiklang, Foto: B. Jäger-Dabek majolika3.jpgKaiser Wilhelm II. rief bekannte Töpfer, Keramiker und Künstler nach Cadinen und schnell fand sich zusammen mit den Keramik-Künstlern der Region ein Team zusammen, das in der Lage war, künstlerisch und qualitativ hochwertige Keramiken herzustellen. Im Jahr 1903 begann die Produktion zunächst mit der Herstellung von Vasen, Dosen, Kacheln und unglasierten Terrakottaarbeiten. Das Jahr 1905 gilt als der eigentliche Beginn der Herstellung von Cadiner Majolika, die ja glasiert sind. Büsten, Plastiken und andere figürliche Darstellungen wie Tiergruppen, Wandteller, Zierdosen und andere das Heim dekorierende Keramiken und Gebrauchsgegenstände verließen das Majolikawerk genauso wie Tafelgeschirre. Bald kamen Bauwerkkeramiken dazu, die zum Teil erhalten blieben wie in einigen Berliner U-Bahn-Stationen, dem Hamburger Hotel Atlantic sowie in Hamburgs altem Elbtunnel. Für seine Arbeiter und Kunsthandwerker ließ Wilhelm II. neue Wohnhäuser im englischen Landhausstil bauen.

Die Keramiken „seines“ Majolikawerks hatten dem persönlichen Geschmack des Kaisers zu entsprechen, denn er segnete höchstpersönlich jeden neuen Entwurf ab. Bis in den Anfang der 1920-er Jahre war es so vor allem der Historismus, der die Stilrichtung prägte mit vielen Anklängen an die Renaissance und die Neoromantik. Erst langsam erfolgte eine vorsichtige Öffnung zum Jugendstil und klaren modernen Richtungen. Nach Ende des Ersten Weltkriegs sorgte Direktor Wilhelm Dietrich dafür, dass es weiter ging mit den Majolikaproduktion. Die Zeiten waren nicht einfach, und die Rahmenbedingungen für Cadinen hatten sich radikal verändert. Es musste nun vor allem wirtschaftlich produziert werden. Dietrich schaffte den Spagat und führte die Cadiner Majolikaproduktion zu neuer künstlerischer Blüte.

Cadiner Majolika im Alten Elbtunnel Hamburg: Foto: Christoph Braun, CC0 1.0 UPDD

Aber nicht nur die Tafelgeschirre und Dekorationsartikel mussten Cadinen über Wasser halten, besonders in der Bauwerk-Keramik wurde Cadinein zu einem der führenden Anbieter. Die Cadiner Bauwerkkeramik unterschied sich von der Mitbewerberschaft durch den künstlerischen Anspruch einen zentralen Gedanken durch alle Elemenet zu ziehen und die Keramik zu einem Markenzeichen für den Besteller werden zu lassen.

Kriegsbedingt wurde die Produktion der Cadiner Majolika bereits im Februar 1944 eingestellt. Sie wurde nach dem Krieg nicht wieder aufgenommen. Heute ist in Cadinen (Kadyny) nur noch eine kleine Werkstatt von einigen Kunsthandwerkern vorhanden, die sich mit der Keramik und Majolikaherstellung auskennen. Sie zeigen und verkaufen ihre Arbeiten und informieren gern über die Keramikkunst.

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