Masuren: Das Forsthaus Pranie und die grüne Gans

Die Försterei Seehorst (Pranie), Foto: © B.Jäger-Dabek

Die Försterei Seehorst (Pranie), Foto: © B.Jäger-Dabek

Ein kleines Schild mit der Aufschrift Pranie weist von der Landesstraße 58, die von Szczytno (Ortelsburg) nach Pisz (Johannisburg) führt, kurz vor Ruciane Nida nach rechts tief hinein in die masurischen Forste der Johannisburger Heide. Auf einer Lichtung hoch über dem Niedersee (Jez. Nidzkie) steht in traumhafter Lage die Försterei Seehorst. Der heutige polnische Name „Pranie“ bedeutet „Waschküche“. Die Bezeichnung „Waschküche“ wird ja im Deutschen oft für einen dichten Nebel verwandt. So auch hier, denn der Name soll daher stammen, dass aus den Wiesenniederungen, über denen die Försterei liegt, oft dichte Nebel aufsteigen. Das Gebäude entstand im Jahr 1880 als Forsthaus des Dorfes Kreuzofen (Krzyże).

Blick vom Forsthaus Pranie auf den Niedersee, Foto © B.Jäger-Dabek

Blick vom Forsthaus Pranie auf den Niedersee, Foto © B.Jäger-Dabek

Wer mag kann das Forsthaus auch zu Fuß auf einer knapp zehn Kilometer langen Wanderung vom Ortsteil Nida aus durch die Johannisburger Heide am Niedersee entlang zum Forsthaus Seehorst gelangen. Noch immer rankt der wilde Wein an der für ein Forsthaus typischen Backsteinbauweise. Es ähnelt sehr dem Forsthaus Kleinort (Piersławek), wo Ernst Wiechert, der Dichter der masurischen Wälder aufwuchs, denn sein Vater war dort als Forstbeamter tätig. Von dieser Idylle in und um Kreuzofen am Niedersee erzählte der masurische Chronist Günter Schiwy immer wieder in zahlreichen Artikeln.

Büste des Dichters Konstanty Ildefons Gałczyński, Foto: © Brigitte Jäger-Dabek
Konstanty Ildefons Gałczyński (c) B. Jäger-Dabek

So hätte Das Forsthaus Seehorst bis heute eine verträumte Idylle bleiben können, wäre da nicht Konstanty Ildefons Gałczyński (1905-1953) gewesen, der einer der bekanntesten und außergewöhnlichsten polnischen Dichter und Schriftsteller des Expressionismus war. Er hatte dort beim Förster Stanisław Popowski sein Paradies gefunden und verbrachte vom Sommer 1950 bis zum Herbst 1953 kurz vor seinem Tod nicht nur die Sommertage, sondern die meiste Zeit des Jahres im Forsthaus Pranie. Er erwanderte sich die Umgebung, durchstreifte die Johannisburger Heide und erpaddelte sich die Seeenlandschaft rund um Ruciane Nida. Im Jahr 1952 kam seine in Pranie verfasste Allensteiner Chronik (Kronika Olsztyńska) heraus. Im jenem Jahr 1952 beschloss er gemeinsam mit seiner Frau Natalia ganz nach Pranie an die Niedersee zu übersiedeln. Doch sein früher Tod durch einen Herzinfarkt im Jahr 1953 verhinderte dies.

Seine Schriftstellerkarriere begann er mit ersten satirischen Gedichten für die Zeitschrift „Quadriga“, der Zeitschrift der gleichnamigen Dichtergruppe. Gałczyński arbeitete ab 1931 zwei Jahre im polnischen Konsulat Berlin. Auch dort blieb er in erster Linie Autor und schrieb weiterhin Gedichte. Im Jahr 1934 wurde er freier Autor und verfasste in der Folge zahlreiche Gedichte, Hörspiele, aber auch Lieder und Werbeslogans. Mit der Mobilisierung 1939 wurde auch Gałczyński zum Militärdienst eingezogen und geriet in deutsche Gefangenschaft. Nach der Befreiung durch die US Armee und einem Intermezzo in Paris kehrte Gałczyński 1946 nach Polen zurück. Er ließ sich zunächst in Krakau nieder und schrieb für die Zeitschrift Przekrój.

Die grüne Gans,Pranie, Foto: © B.Jäger-Dabek
Die grüne Gans, © B. Jäger-Dabek

In dieser Zeit verfasste er sein im Ausland wohl bekanntestes Werk, das Lesetheater „Die grüne Gans“ (Zielona gęś). Diese Sammlung der von ihm selbst so genannten „Pseudostücken“ war nicht für die Bühne gedacht, es war vielmehr eine Aneinanderreihung von überhöhten Skurrilitäten, die sich aus den Absurditäten des damaligen Lebens in Polen ergaben. Diese Pseudostücke erwiesen sich als eine geniale Form der Kritik am Alltag im real existierenden Sozialismus. Etliche der Werke von Gałczynski sind auch ins Deutsche übersetzt worden, sie sind aber allesamt derzeit nur antiquarisch zu erhalten.

Im Jahr wurde 1980 in der alten Försterei von Pranie ein sehenswertes Museum zu Ehren von Konstanty Ildefons Gałczyński errichtet. Es informiert über Leben und Werk des Expressionisten und bietet im Sommer viele kulturelle Veranstaltung vor allem literarischen Inhalts, aber auch Workshops für Kinder und Jugendliche.

Muzeum Konstantego Ildefonsa Gałczyńskiego
Leśniczówka Pranie (Forsthaus Seehorst)
Pranie 1
12-220 Ruciane-Nida
Tel. + 48 87 425 62 48
Internet: www.lesniczowkapranie.art.pl
Email: muzeumpranie@neostrada.pl

Luftbildaufnahmen vom Forsthaus Pranie: