Kaschubien und die pommersche Weite

Brodnica Dolna, Kaschubien, Foto: Gdaniec, CC-BY-3.0

Auf der Fahrt nach Masuren lohnt sich ein kleiner Umweg durch Kaschubien, das Land am nördlichsten Zipfel Polens, das durch den Roman "Die Blechtrommel" von Günter Grass berühmt wurde und vor allem für Naturliebhaber und Radfahrer eine Reise wert ist mit seinen breiten Stränden, weiten Wäldern und stillen Seen. Wer kennt sie nicht, Anna Bronski, die kaschubische Großmutter des Blechtrommlers Oskar Matzerath? Günter Grass setzte in ihr dem westslawischen Volksstamm der Kaschuben, die den einen stets zu wenig deutsch und den anderen zu wenig polnisch waren, ein literarisches Denkmal. Überwiegend Bauern und Fischer besaßen die Kaschuben nie einen eigenen Nationalstaat und gerieten immer wieder zwischen die Mühlsteine der Geschichte. Dennoch gelang es ihnen, die kulturelle Eigenständigkeit bis heute zu bewahren. Ihre kaschubischen Sprache ist als regionale Minderheitensprache anerkannt. Angestammter Lebensraum der Kaschuben ist die Region nordöstlich der Linien Leba-Bytow-Gdansk bis hin zur Ostsee in der Wojwodschaft Pomorze.

Das kaschubische Küstenland

Das kaschubische Küstenland besticht durch seine breiten, oft menschenleeren Strände, dieser Teil Ostpommerns ist eine einsame Landschaft, die von der Landwirtschaft geprägt ist. Es lohnt, sich ein wenig Muße zu nehmen auf der Fahrt durch das Küstenland, verträumte Alleen, auf denen auch heute noch Pferdefuhrwerke auf dem staubigen Sommerweg neben der Fahrbahn her zockelt. Es ist kein flaches Land, sanft gewellt erscheint die Moränenlandschaft, die bis an die Küste heran reicht. Tiefe Einschnitte zwischen steil ansteigenden Hügeln, sanfte Kuppen und weite Weiden und Felder bestimmen im Wechsel mit Wäldern und Seen das Bild. Direkt am Meer folgen dann Salzwiesen, Moor- und Sumpfgebiete, die nur noch durch die Küstenwälder vom Strand getrennt sind. Auch die Küste selbst ist sehr abwechslungsreich und besteht mal aus steilen Abbruchkliffs, dann wieder bewaldeten Steilküstenabschnitten die sanft ins Flache hinein auslaufen. Und vor allem zieht es sich hin, das sagenhaft breite, schier endlose weiße Band der kaschubischen Strände. Sehenswert in dieser Region ist das Schloss Krokowa/Krockow, das heute Hotel und Zentrum der Stiftung Europäische Begegnung ist. Der nicht weit entfernte kleine Badeort Debki, ist ein Paradies für Polens "Naturisten", denn er besitzt einen der ganz wenigen FKK-Strände Polens. Hier beginnt bald der reizvollste Abschnitt der Küste bei Jastrzebia Gora/Habichtsberg mit seinen wildromantischen bewaldeten Abbruchskliffs, die am Kap Rozewie/Rixhöft, dem "Nordpol Polens" eine Höhe von 45 Metern erreichen. Kurz hinter Wladyslawowo beginnt die schmale, nahrungsähnliche Halbinsel Hela, die mit Chalupy den zweiten FKK-Strand der Region ihr eigen nennt. Auch die Badeorte Jastarnia, Jurata und Hel bestechen mit wunderbaren Sandstränden .

Die Kaschubische Schweiz

Fast schon einem Mittelgebirge ähnlich ist die Moränenlandschaft der Kaschubischen Schweiz,  zwar ähnlich im Landschaftsbild wie das Küstenland, aber mit ausgeprägteren Steigungen, höheren Erhebungen und tieferen Einschnitten, sowie Seen die in Talkesseln zu liegen scheinen. Entsprechend giftiger können die Steigungen der Straßen sein, was Radwanderer oft unterschätzen. Die verträumte Hügellandschaft mit ihren vielen Seen und kleinen einsamen Straßen lässt die Nähe der Großstadt Danzig kaum erahnen, ist aber daher besonders gut erreichbar. Das „kaschubische Jerusalem", die Kalwaria Wejherowo ist der wichtigste Pilgerort Kaschubiens und liegt etwa drei Kilometer von der Stadt Wejherowo entfernt. Hauptort der Kaschubischen Schweiz ist das Städtchen Kartuzy/Karthaus, das mit seinen 6000 Einwohnern auch Hauptstadt Kaschubiensgenannt wird. Sehenswert sind das Kloster der Kartäuserbrüder aus dem 14. Jahrhundert, der Marktplatz mit den schönen Gründerzeithäusern sowie das Kaschubische Museum. Wer noch mehr über die Kaschuben und ihr Leben erfahren will, fährt eine halbe Autostunde weiter ins Freilichtmuseum Wdzydze Kiszewskie bei Koscierzyna, wo ein ganzes kaschubisches Dorf aufgebaut ist. Kurz hinter Kartuzy beginnt auch der Kaszubski Park Krajobrazowy Kaschubische Naturpark mit den sehenswerten Dörfern Chmielno und Brodnica.