Zgon: Das Dorf der Holzhäuser am Muckersee

Zgon, Holzhaus des Bildhauers Adam Szubski , Foto: B.Jäger-Dabek
Zgon, Holzhaus des Bildhauers Adam Szubski , Foto: B.Jäger-Dabek

Zgon? Sgonn oder Hirschen? Nie gehört, werden viele von Ihnen jetzt sagen. Das heutige Zgon hieß zu deutscher Zeit Sgonn und nach dem 1938-er Eindeutschungswahn Hirschen. Der kleine Ort hat gerade einmal rund 150 Einwohner und ist traumhaft und ausgesprochen malerisch am Südende des Muckersees (jez. Mokre) gelegen. Durch den Ort führt die einer Bundesstraße entsprechenden Droga Krajowa 58 (Olsztynek/Hohenstein – Pisz/Johannisburg).

Für viele Polen ist Zgon ein merkwürdiger Ortsname. Doch hat er nichts mit dem Tod zu tun, wie es das polnische Wort vermuten lässt. Sgonn oder Zgon war ein altes Wort für das Zusammentreiben, also hier den Abtrieb der Rinder zur Wasserstelle am See. Die Ufer des Muckersees waren hier nicht so verschilft und gut zugänglich.

Ein wenig ist die Zeit stehen geblieben in Zgon, denn es gibt hier so viele alte hölzerne Masurenhäuser, wie kaum noch sonst irgendwo. Sie passen perfekt zur malerischen Lage des Orts, der aus diesem Grund und wegen der traumhaften Sonnenuntergänge bei Touristen beliebt ist. Dabei liegt der Ort nur scheinbar abgeschieden in den tiefen Wäldern der Johannisburger Heide.

Gegründet wurde Zgon 1708, aber besiedelt war die Region um den Muckersee schon vor über 800 Jahren zur Zeit der prussischen Galinder. Der bis 51 m tiefe Muckersee hat fünf Inseln, von denen mindestens eine bereits von den Galindern besiedelt war und als Fluchtpunkt diente.

Der berühmteste Einwohner von Zgon war der bekannte polnische Schriftstelle Igor Newerly, der mehrere Konzentrationslager überlebte und seit 1958 fast 30 Jahre lang in den Sommer- und Herbstmonaten in Zgon lebte. Sein bekanntestes Werk war „Archipelag Ludzi Odzyzkanych“ (Der Archipel der wiedergewonnenen Menschen), das wie mehrere seiner Werke in der DDR ins Deutsche übersetzt wurde. Nerwerly hatte in Zgon viele prominente Besucher, unter anderem amerikanische Literaturnobelpreisträger John Steinbeck, Karol Mallek, Kazimierz Orłoś, Igor Sikirycki und Ryszard Matuszewski. Ein weiterer bekannter Roman von Newerly ist “Souvenir aus Cellulose”. Auf der Roman-Grundlage realisierte Jerzy Kawalerowicz einen Spielfilm mit Joseph Nowak in der Hauptrolle.

In Zgon hat auch der Bildhauer Adam Szubski sein künstlerisches Zuhause gefunden. Er rettete ein altes masurisches Holzhaus aus dem des neunzehnten Jahrhundert vor dem Abriss und restaurierte es. Der Bildhauer arbeitete viele Jahre mit Metall, vor allem mit Zinkblech. Heute arbeitet Szubski überwiegend mit Holz. Viele seiner Skulpturen hängen an den Wänden seiner Galerie und weiterer Gebäude. So sind sie  direkt von der Straße sichtbar. Besonders auffällig ist das goldene Gesäß, das viele Vorbeifahrende dazu bewegt anzuhalten, und sich in Zgon umzuschauen.

Vor allem aber gibt es rund um Zgon viel unberührte und durch den Masurischen Landschaftspark geschützte Natur, die man sich erwandern oder mit dem Rad erkunden kann.

Der Muckersee (jez. Mokre) in Masuren, Foto: PD, Aazi
Der Muckersee (jez. Mokre) in Masuren, Foto: PD, Aazi

Von Zgon aus kann man auch auf der Krutynia-Route paddeln, die am Nordende des Sees zur Landenge zwischen Muckersee und Krutinnersee führt. Dort kann man das Boot auf einer nur wenige Meter langen Strecke umsetzen und auf der Krutynia weiter paddeln. Da die Bootsverleiher ihre Paddler mitsamt den Booten auch vom gewünschten Endpunkt abholen, ist eine Tagestour von Zgon nach Krutyń ein wunderbares Naturerlebnis. Bevor man lospaddelt, sollte man den Wind im Auge haben und die Tour bei Gegenwind lieber um einen Tag verlegen. Lieber bei Rückenwind fahren, denn im See schiebt keine helfende Flusströmung. Gegenwind und die dann auftretenden Wellen machen die Tour zu einem eher ambitionierten Unterfangen. Ein Tipp: Sie werden sich vielleicht wundern, warum so viele Paddler mit Regenschirm unterwegs sind, der wirkt  -richtig gehalten – bei Rückenwind wie ein Segel.

Man kann auch am Ostufer des Muckersees entlang wandernd oder radelnd nach Krutyn kommen. Dabei kommt man an einer Bucht mit zwei Inseln in das Reservat „Królewska Sosna“ (Königliche Kiefer). Dort steht eine etwa 320 Jahre alte, 1973 abgestorbene Kiefer und die etwa gleich alte „Karol-Małłek-Eiche. Ein wenig weiter führt der Weg zu drei kleinen Seen mit schwimmenden Inseln im Reservat „Zakręt“. Der Weg führt weiter entlang des östlichen Ufers durch das Schutzgebiet bis zum Übergang zum Krutinner See. Tipp: Eine schöne Badestelle! Nun geht es weiter durch den Wald Richtung Krutyń, wo sich der Sitz Masurischen Landschaftsparks und das kleine Naturgeschichte-Museum befinden. In Sichtweite von Krutyń liegt Krutynski Piecek, wo eine alte Wassermühle aus dem späten neunzehnten Jahrhundert an der Krutynia steht. Aber nicht nur Richtung Krutyń kann von Zgon aus wunderbar gewandert werden, südwestlich von Zgon geht es in das herrliche Naturschutzgebiet “Czaplisko- Lawny Lasek”.