Bernsteinzimmer doch in Masuren?

Ist das Bernsteinzimmer in Masurn? Foto: Andrej Andrejewitsch Zeest, public domain

Ist das Bernsteinzimmer in Masuren? Foto: Andrej Andrejewitsch Zeest, public domain

Kaum ebbt der Hype um den Nazi-Goldzug in Niederschlesien ab, haben Polens Schatzsucher ein neues Ziel. Diesmal ist es um eine Nummer größer, denn man meint, das Bernsteinzimmer in Masuren gefunden zu haben. Unter den Bunkern von Mamerki (Mauerwald) am Mauersee (Jez. Mamry) könnte es in einer unzugänglichen, zugemauerten Aufbewahrungskammer versteckt sein. Dort im Mauerwald befand sich von 1941-1944 das Hauptquartier des Oberkommandos des Heeres (OKH) und das Quartier des Heereshauptversorgungsdienstes. Das weitverzweigte Bunkersystem war nach Annahmen von Historikern um ein Mehrfaches größer, als das nahe Führerhauptquartier Wolfsschanze.

Schon in den 1950-er Jahren wurde das Bernsteinzimmer in Mauerwald gesucht. Damals gab es noch dort lebende Zeugen. Mehrere übereinstimmende Zeugenaussagen gaben damals an, im Winter 1944/45 sei ein Lkw-Transport mit besonders wertvollem Inhalt in Mauerwald angekommen, die Lkws seien leer zurückgefahren. Der Inhalt sei damals im „Objekt 31“ eingelagert worden. Genau zu dieser Zeit hätte man auch den damaligen Gauleiter von Ostpreußen Erich Koch dort im Mauerwald gesehen.

Prominentester potenzieller Wissender um den Verbleib des Bernsteinzimmers war der in Wartenburg (Barczewo) inhaftierte ehemalige Gauleiter von Ostpreußen Erich Koch, der in Polen zum Tode verurteilt worden war, aber wegen Krankheit nie hingerichtet wurde. Er wurde in den 1960-er Jahren zu einem Ortstermin nach Mamerki verbracht, ohne jedoch erhellende Angaben zu machen. Koch kokettierte später immer wieder mit dem eigenen Wissen, ohne jedoch allzu konkret zu werden, auch nicht in seinem Testament. Der damals untersuchende Sicherheitsdienst und die durchführenden Pioniere hatten jedoch nichts gefunden. Soweit Koch – wie man immer annahm – tatsächlich diejenige Person war, die Genaueres über den Verbleib des Bernsteinzimmers wusste, nahm er sein Wissen mit ins Grab.

Es ist also nicht das erste Mal, dass die Mauerwald-Bunkeranlage als Versteck des Bernsteinzimmers ins Gespräch kommt, doch dieses Mal sind die Hinweise konkreter.

Bereits im vergangenen Herbst hatten neue Untersuchungen gezeigt, dass vom „Objekt 31“ eine nachgerade monströse unterirdische Betonkonstruktion mit Abmessungen von 70 m Länge, 50 m Breite und 15 m Tiefe umfangreiche Reste verblieben sind, die sich in einer Grube auf dem OKH-Terrain befinden. Dieses Beton-Rechteck sah aus wie das riesige Fundament eines unvollendeten Baulabyrinths, in dem man Hohlräume vermuten konnte.

Darin gibt es möglicherweise tatsächlich zumindest eine Aufbewahrungskammer, in der Kulturschätze, militärische Ausrüstung oder wichtige Dokumente besonders sicher untergebracht werden konnten. Nun hat man in diesem Fundament tatsächlich bei neuen Georadar-Untersuchungen einen regelmäßigen Hohlraum gefunden, der mindestens 3×2 m groß ist, tatsächlich aber auch um ein Mehrfaches größer sein könnte. Das verkündete Bartłomiej Polańczyk vom Museum Mamerki dem Fernsehsender TVN24 gegenüber. Er zeigte sich überzeugt, das Bernsteinzimmer gefunden zu haben und habe auch bereits die zuständige Verwaltung in Węgorzewo (Angerburg) verständigt, fügte er an. Seine Meinung sieht Polańczyk gestützt von dem Wissen darum, dass „Objekt 31“ der jüngste und nicht mehr vollendete Bunkerbau des Komplexes Mauerwald gewesen sei und sich damit deutlich von den übrigen 30 Bunkern der Anlage unterscheidet.

Ob es sich bei diesem Hohlraum nun tatsächlich um das Versteck des legendären Bernsteinzimmers handelt, ist bisher allerdings durch nichts belegt. Jedoch halten es Experten für nicht unwahrscheinlich, dass dort wichtige Dokumente oder Kulturgüter verborgen sein könnten. Darauf beruft sich auch der stellvertretende Angerburger Bürgermeister Andrzej Lachowicz und erklärte der Nachrichtenagentur AP gegenüber, man werde nun überprüfen, wie man verfahren könnte, um den Inhalt des Hohlraums untersuchen zu können.

Die regionale Denkmalschutzbehörde sowie das zuständige Forstamt sind verständigt und werden nun über das weitere Vorgehen entscheiden. Als nächste Maßnahmen werden Probebohrungen durchgeführt, um durch den Einsatz von Wärmekameras festzustellen, ob sich in dem Hohlraum tatsächlich etwas befindet. Zeigt sich dabei, dass sich etwas in dem Hohlraum befindet, wird die regionale Denkmalschutzbehörde entscheiden, ob die unterirdische Kammer geöffnet wird..

Das Bernsteinzimmer

Das von Andreas Schlüter gefertigte Bernsteinzimmer war zunächst im Berliner Stadtschloss eingebaut und bestand aus raumhohen Bernsteinpaneelen und prächtigen Blattgoldverzierungen. Der erste Preußenkönig Friedrich I. verschenkte das legendäre Bernsteinzimmer im Jahr 1716 an den russischen Zaren Peter den Großen. Es wurde im Katharinenpalast in Zarskoje Selo bei Sankt Petersburg eingebaut. Dort blieb es, bis im Sommer 1941 ein Wehmachtkommando den Katharinenpalast erreichte, das Bernsteinzimmer ausbaute und nach Königsberg verschleppte.
So erging es vielen Kunstschätzen, die von Deutschen aus den besetzten Gebieten in ganz Europa geraubt wurden. In Königsberg war das Bernsteinzimmer bis 1942 ausgestellt und von der Bevölkerung zu besichtigen. Nach den Bombenangriffen auf Königsberg im Sommer 1944 und in den Wirren der sich anbahnenden Niederlage verlor sich die Spur des Bernsteinzimmers. Seitdem bilden sich ständig neue Mythen um den Verbleib.