Benzin-Ameisen (paliwowe mrówki) werden die Benzinschmuggler an der polnisch-russischen Grenzen genannt. Das Geschäftsmodell der Benzin-Ameisen ist nicht viel anders, als vor dem Beginn des kleinen Grenzverkehrs zwischen der Woiwodschaft Ermland-Masuren und dem Bezirk Kaliningrad (Königsberg). Der einzige Unterschied ist, dass man heute kein Visum für den Grenzübertritt braucht, sondern seit dem 1. Juli 2012 nur noch die Grenzübertrittsgenehmigung für den kleinen Grenzverkehr, die jeder problemlos erhält, der im dazugehörenden Gebiet gemeldet ist.
Das Geschäft blüht und ist für die vielen langzeitarbeitslosen Schmuggler aus den abgelegenen, grenznahen Kreisen Ermlands und Masurens die einzige Einnahmequelle neben den geringen Sozialtransfers. Kunden und Abnehmer finden sich schnell im strukturschwachen Grenzraum. Besonders in dieser Region gibt es viele Dörfer, in denen vor 1989 die Staatsgüter (PGR) die einzigen Arbeitgeber waren. Dort herrscht noch heute perspektivische Trostlosigkeit. Die Menschen dort sind froh um jeden zusätzlichen Złoty.
Abnehmer in Polen finden sich genügend, denn das Benzin in Kaliningrad ist erheblich günstiger. Ein Liter Eurosuper kostet dort derzeit zwischen 37.310-37.550 Rubel, das sind umgerechnet 0,54 bis 0,60 Euro. In Polen hingegen kommt der Liter Eurosuper um die 4,54 bis 4,80 Złoty, das sind etwa 1,10 bis 1,20 Euro. So kommt jede Benzin-Ameise nach Abzug der „Betriebskosten“ auf einen satten Profit.
Und so funktioniert das Geschäft: Der Schmuggler kratzt alles Geld zusammen oder leiht sich Geld bei Freunden oder Verwandten mit dem Versprechen einer Beteiligung. Damit kauft er dann ein uraltes Auto, wie beispielsweise einen VW Passat. Einziges Kriterium bei der Anschaffung ist ein möglichst großer Tank. So kommt es an den polnisch-russischen Grenzen zu dieser merkwürdigen Ansammlung uralter, scheinbar nur vom Rost zusammengehaltener Fahrzeuge mit polnischem Kennzeichen, über die sich Reisende in der Urlaubszeit so wunderten. Alter und Zustand dieser Kraftfahrzeuge bringt es mit sich, dass diese potenziellen Schmugglerfahrzeuge auch für den Grenzschutz und den polnischen Zoll leicht auszumachen sind. Kommt die Benzin-Ameise glatt über die Grenze, erfolgt meist kurz danach der Verkauf, denn die Käufer warten bereits an den verabredeten Punkten, damit ja kein Liter des kostbaren Billigtreibstoffs verschwendet wird. Der Verkäufer behält für sich selbst nur die für die Tanktouren nötige Menge an Benzin im Tank. Der Rest wird in Kanister oder von Tank zu Tank umgefüllt.
In letzter Zeit nähme dieser Benzinschmuggel und damit der Missbrauch der Regelungen des kleinen Grenzverkehrs für den legalen Benzintourismus signifikant zu, erklärte der Sprecher der Zollverwaltung Ryszard Chudy in Olsztyn (Allenstein) der Presse gegenüber.
Nun sollen die polnischen Zollbeamten an den Grenzübergängen den Benzin-Ameisen das Handwerk legen. Wer im Rahmen eines legalen Benzintourismus nach Russland reise, habe nichts zu befürchten, fügte Chudy an. Über das, was legal ist, gab es seit 2012 verschiedene Regeln, Donald Tusk ließ die Häufigkeit auf eine Fahrt pro Woche einschränken. Zehn Tank-Fahrten in den Kaliningrader Bezirk sind derzeit monatlich erlaubt, das bedeutet zehn Mal den Tank voll machen. Doch ein Teil der Benzin-Ameisen fährt mehr als zehn Mal über die Grenze, manchen Schmugglern gelingt es, alle 72 Stunden oder gar täglich einzureisen. Dafür braucht man nur einen zweiten Fahrer, die sich abwechseln, dann lohne es so richtig, weiß Zollsprecher Ryszard Chudy.
Wer den polnischen Beamten an den Grenzübergängen auffällig erscheint, wird zu einem Gespräch ins Zollgebäude gebeten. Kann er nicht erklären, wozu er so viel Benzin benötigt, und wo das Benzin verbleibt. Lässt sich keine legale Verwendung nachweisen, wird es teuer. Dann erhält der Schmuggler eine Zahlungsanweisung über Zollabgaben für den geschmuggelte Treibstoff, die pro Liter Benzin 2,05 Złoty betragen. Obendrein wird eine Geldstrafe von bis zu 20.000 Złoty verhängt. Gegen solche Bescheide kann der mutmaßliche Schmuggler dann bei der Zollkammer in Olsztyn beziehungsweise beim Verwaltungsgerichtshof Olsztyn Rechtsmittel einlegen.