Kleiner Grenzverkehr mit Kaliningrad seit Montag ausgesetzt

Russisch-polnische Grenze bei Bagrationowsk/Bezledy, Foto: Brigitte Jäger-Dabek

Russisch-polnische Grenze bei Bagrationowsk/Bezledy, Foto: Brigitte Jäger-Dabek

Der Nato-Gipfel in Warschau am 8. und 9. Juli wirft seine Schatten voraus. Seit dem 4. Juli ist der Kleine Grenzverkehr zwischen der Woiwodschaft Ermland-Masuren und dem Bezirk Kaliningrad der Russischen Föderation bis auf weiteres ausgesetzt.

Ist der Kalte Krieg zurück im östlichen Mitteleuropa? Ist es die polnische Furcht vor dem Nachbarn, die sich in den jüngsten multinationalen säbelrasselnden Manövern, die man nicht einmal als Tourist übersehen konnte, oder vielmehr die Angst vor Terrorangriffen? Letzteres zumindest ist nicht von der Hand zu weisen, denn die Aussetzung des Kleinen Grenzverkehrs wurde vom polnischen Außenministerium mit der erhöhten Terrorgefahr sowohl beim NATO -Gipfel als auch dem Besuch von Papst Franziskus beim vom 20-31. Juli stattfindenden Weltjugendtag in Krakau begründet.

Das bedeutet im Klartext, dass der für beide Seiten so lukrative Handel und Wandel über die von Einwohnern des Kaliningrader Gebiets und der teilnehmenden polnischen Kreise visafrei zu passierende Grenze zumindest einen ganzen Monat lang zum Erliegen kommt.

Nur für Reisende mit einem gültigen Visum bleibt die Grenze geöffnet. Bisher war jeder zweite Russe, der die Grenze in der Woiwodschaft Ermland-Masuren überquerte, Teilnehmer des Kleinen Grenzverkehrs. Von den rund 950.000 Bürgern der Exklave Kaliningrad sind 240.000 im Besitz eines Grenzdokuments für den Kleinen Grenzverkehr.

Man ist hellhörig beiderseits der Grenze und es wurde aufmerksam registriert, dass von Seiten des polnischen Außenministeriums kein Enddatum für die Aussetzung des Kleinen Grenzverkehrs bekannt gegeben wurde. Diese Grenze Polens zu Russland lässt sich leicht instrumentalisieren, um alte Ängste auf polnischer Seite zu mobilisieren und in Russland eine NATO-Bedrohung, sowie das Gespenst des Faschismus wieder hervor zu kramen. Tatsächlich ist Kaliningrad, das als russische Enklave von NATO- und EU-Territorien umgeben ist seit Jahren eine Art Testfeld für beide Seiten, Die einen drohen mit einem Raketenschild, die anderen mit Abwehrraketen, immer mal wieder werden im Kaliningrader Gebiet oder in den umliegenden NATO-Ländern große Manöver durchgeführt, um der Gegenseite zu signalisieren, dass man bereit ist. Seit der Krimkrise und der kriegsähnlichen Zustände in der Ukraine wurde von beiden Seiten immer mal wieder mit dem Säbel gerasselt.

Hört man sich unter Kaliningradern und Polen aus den Grenzkreisen um, ist zwar unterschwellig eine leichte Anspannung zu spüren, da eben kein Datum für die Wiederaufnahme des Kleinen Grenzverkehrs genannt wurde. Ansonsten betrauern beide Seiten, dass sie nun mindestens für einen ganzen Monat nicht vom Grenzabkommen profitieren können. Bis nach Danzig hin bleiben viele Läden, Lebensmittelmärkte und auch Elektronik-, Bau- und Möbelmärkte erheblich leerer als sonst. In Masuren vermissen an den Seen vor allem die Hotels die zahlungskräftigen russischen Gäste.

Zur alten Lösung mit nur für Reisende mit Visa geöffneten Grenzen möchte auf beiden Seiten niemand mehr zurückkehren, beide Seiten profitierten vom Einkaufs- und Urlaubstourismus. In Ermland und Masuren herrschte zudem eine neue polnisch-russische Entspannung. Es wurde wieder normal russische Laute zu hören und mit den Nachbarn ins Gespräch zu kommen. Daran hat auch die „große“ Politik nichts ändern können.

Tipp: Lesen Sie zum Thema auch die jüngste Ausgabe der Polen Analysen, die sich mit dem Thema „Polen vor dem NATO-Gipfel“ befasst.