Elblag – Hafen- und Handelsstadt mit wechselhafter Geschichte

Foto: Blick auf die Nikolaikirche und das Zentrum von Elbing/Elblag, Ludwig Schneider, CC-BY-SA-3.0,2.5,2.0,1.0

Streng genommen gehörte Elbing historisch nicht  zum Territorium des Ermlands. Zu Ostpreußen gehörte die Stadt erst ab 1920 nach den Gebietsabtretungen durch den Versailler Vertrag. Zuvor gehörte Elbing zu Westpreußen. Seit der polnischen Verwaltungsreform von1999 gehört die Stadt, die bis dahin eine eigenständige Woiwodschaft  war,  zur Woiwodschaft Warmia i  Mazury / Ermland und Masuren.

Elblag oder Elbing, wie es früher hieß, bekam 1246 lübisches Stadtrecht mit dem Recht auch eigene Münzen zu prägen, nachdem 1237 der Deutsche Orden hier in der Landschaft Pogesanien eine Burg errichtet hatte, um die sich rasch eine Siedlung bildete.  Zwischen 1251 und 1309 war Elbing als stellvertretende Hauptstadt des Ordensstaates, Sitz des preußischen Landmeisters, Sitz des Großspittlers und des ermländischen Bischofs Anselm ein bedeutendes Zentrum. Die Stadt blühte auf und erwarb viele Handelsprivilegien, dazu wurde sie ein attraktives Ziel für Zuwanderer.

Die Landkarte nämlich sah zu jener Zeit im 14. Jahrhundert noch ganz anders aus, denn die Stadt lag an der Mündung vom Elbingfluss und der Weichsel ins Frische Haff. Daher war auch die Hansestadt Elbing damals der bedeutendste Seehafen des Deutschen Ordens. Das änderte sich nach 1370, als die Weichsel sich ein neues Bett suchte und ihren Mündungsverlauf nach Danzig verlegte. Dem blühenden Elbinger Handel tat das wenig Abbruch.

Die verlorene Tannenbergschlacht von 1410 läutete den Niedergang des Ordensstaats ein. Der dreizehnjährige Städtekrieg im Ordensstaat beschleunigte den inneren Zerfall.  Elbing huldigte 1454 dem polnischen  König  Kasimir IV. als Schutzherrn. Im Zweiten Thorner Frieden von 1466 musste der Orden Pommerellen, das Culmer Land und Ermland, sowie Danzig, Elbing und Marienburg an Polen abtreten. Elbing  wurde1477 unter polnischer Oberhoheit autonome Stadtrepublik. Wie viele andere Städte, wollte auch Elbing die Handelsbeschränkungen der Hanse nicht länger ertragen und trat 1620 wegen seiner starken Englandverbindungen aus der Hanse aus

Doch Elbing erlebte nicht nur glückliche Epochen. Zwei Okkupationen durch die Schweden 1626-35 und 1655 bis 1660, Pestepidemien, die russische Besetzung 1710 bis 171 und die Verpfändung der Stadt durch den Polenkönig Johann II. Kasimir (1657) an der Großen Kurfürsten von Preußen –dessen Folge den König in Preußen antrat – um einer Summe von 400.000 Talern wegen brachte ein langes Hin und Her und schwere Zeiten und einen Niedergangmit sich. Nach der Niederlage des Ordens wurde. 1772 nahm Friedrich der Große nach der ersten Teilung Polens auch Elbing in Besitz, das bis 1945 preußisch-deutsch blieb.

Zwei Firmennamen beherrschten in preußischer Zeit Elbings Wirtschaftsleben: Loeser & Wolff sowie Schichau. Loeser & Wolff, die größte Tabakwarenfirma im Vorkriegsdeutschland, hatte genauso in Elbing ihren Sitz wie die Schichau-Werft. Bereits 1837 hatte der Elbinger Ferdinand Schichau (1814–1896) seine Schiffswerft gegründet, später wurden auch noch Lokomotiven ins Produktionsprogramm aufgenommen.

Anfang 1945 ging das alte Elbing unter, zu fast hundert Prozent wurde die Altstadt zerstört, die nun in mühsamer Kleinarbeit wieder aufgebaut wird und heute eine Mischung von hhistorischer Bebauung und Retrostil ist. Wer Elblag bereits vor einigen Jahren einmal sah, wird es kaum wiedererkennen. Zwar hat die 120.000-Einwohner-Stadt einen herben Rückschlag erlitten, als sie mit Inkrafttreten der Verwaltungsreform Anfang 1999 den Wojewodschaftssitz verlor, aber im Konzept des Altstadtaufbaus ließ man auch unter den veränderten Strukturen nicht locker. Nur ausgesuchte Straßenzeilen können originalgetreu aufgebaut werden, das meiste wird im Retrostil errichtet. Die Grünflächen mitten in Elbl¹gs Zentrum waren riesig, eine neue Innenstadt wird aus dem Boden gestampft, der man nun versucht auch Leben einzuhauchen mit bisher erfreulichem Erfolg.

Sehenswert in Elblag ist die Nikolaikirche/Kosciol Sw. Mikolaja,  die 1238 auf Geheiß des Ordens-Landmeisters Hermann von Balk errichtet wurde. Ihr heutiges Gesicht erhielt die Kirche mit dem weithin sichtbaren 95 m hohen Turm nach dem Umbau im 19. Jahrhundert. Bemerkenswert sind das Triptychon aus dem Jahr 1510, das Messingtaufbecken mit den Löwenköpfen von 1387 sowie die Renaissancekanzel. Bei der Nikolaikirche wird nach neuesten Plänen  – ähnlich wie in Ostroda –  ein Erholungsplatz mit Fontäne entstehen. Der Kirchturm der Nikolaikirche soll dann als Aussichtsturm zugänglich werden.

In der ul. Sw. Ducha 5-7/Heiliggeiststraße befindet sich im 1457 erbauten schön wieder hergerichteten einstigen Heiliggeistspital die Elbinger Bibliothek, die schon vor dem Krieg eine der bedeutendsten der Region war. Große Teile der Bestände haben den Krieg überstanden und sind nach langem Exil in Toruñ heute wieder hier versammelt, auch die einmalige Sammlung von über 8.000 alten Drucken und 48 Inkunabeln, deren schönste Stücke präsentiert werden.

Die nördliche Altstadtgrenze markiert das Markttor aus dem Jahre 1319 an der ul. Walowa, an der sich auch die einzigen Reste der alten Stadtmauern befinden.  Ursprünglich stammt die ganze Stadtmauer aus dem 14. Jahrhundert  und verfügte über 14 Wehrtürme. Nur ein paar Schritte vom Tor entfernt steht auch die Marienkirche, mit deren Bau die Dominikaner 1246 begannen. Die Kirche diente später als evangelische Hauptkirche der Stadt und galt früher als schönstes Gotteshaus der Stadt. Heute beherbergt sie eine Galerie mit wechselnden Ausstellungen moderner Malerei.

Das sehenswerte städtische Museum befindet sich im Gebäude des alten Elbinger Gymnasiums, das auf den Grundmauern der alten 1454 abgerissenen Burg um 1460 zunächst als Brigittenkloster errichtet wurde, bevor es dem 1535 gegründeten Gymnasium als Schulhaus diente.

 

Foto: Blick auf die Nikalaikirche und das Zentrum von Elbing/Elblag, Ludwig Schneider, CC-BY-SA-3.0,2.5,2.0,1.0