Arno Surminski ist neben Siegfried Lenz der wohl bekannteste Gegenwarts-Schriftsteller aus Masuren. Dabei war er Quereinsteiger und doch schlug sein Erstlingsroman „Jokehnen oder wie lange fährt man von Ostpreußen nach Deutschland“ ein, und wurde zum Bestseller. Am 20. August ist der in Jäglack bei Drengfurth geborene Schriftsteller 80 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass stellte das Ostpreußische Landesmuseum in Lüneburg eine Wanderausstellung zusammen, die ab dem 1. September auf Wanderschaft geht und auch in Surminskis heute polnischer Heimat zu sehen sein wird.
Arno Surminski war noch ein Kind, als die Gewalt nach Ostpreußen zurückkehrte, mit aller Wucht und als Echo deutscher Verbrechen. Zurück blieb das Kind Arno Surminski, elternlos und verloren in einer Welt, in der Menschenleben nicht viel galten.
Manche der damaligen Flüchtlinge brauchten Jahrzehnte, um die Reise von Ostpreußen in den Westen zu bewältigen, manche kamen nie ganz an. Der kleine Arno Surminski fand Hilfe und Aufnahme bei einer Familie aus seinem Heimatort Jäglack, die selbst nichts hatte. Wie viele der Neuankömmlinge, war auch diese Großfamilie keinesfalls willkommen in ihrem Aufnahmeort. Das bekam auch der jugendliche Arno Surminski zu spüren. Da war dann nicht mehr drin als die Volksschule, es folgte die Lehre in einem Anwaltsbüro. Für drei Jahre ging der 23jährige nach Kanada, als Holzfäller. Wieder in Deutschland arbeitete Surminski zehn Jahre lang als Angestellter in der Rechtsabteilung einer Hamburger Versicherungsgesellschaft.
Im Jahr 1974 hatte er das Manuskript für seinen ersten Roman fertiggestellt. Der nun vierzigjährige Surminski hatte seinen Debütroman an den renommierten Verlag Hoffmann&Campe gesandt, und erhielt eine überschwängliche Antwort, in der sein Roman in den höchsten Tönen gelobt wurde. Jedoch nahm der Verlag von einer Veröffentlichung Abstand, denn Siegfried Lenz wollte man im eigenen Haus keine Konkurrenz machen. Glücklicher Weise fand Surminski einen Verlag und noch im gleichen Jahr erschien sein Erstling unter dem Titel: „Jokehnen: oder wie lange fährt man von Ostpreußen nach Deutschland“. Bis heute ist dieses Buch einer der bekanntesten Romane, die sich mit Ostpreußen beschäftigen. Autobiografische Züge sind nicht zu übersehen, Jokehnen kommt Jäglack recht nahe und die Erlebnisse des kleinen Hermann Steputat ähneln denen von Arno Surminski. Die Erzählperspektive war bei Erscheinen neu für einen solchen Roman, denn der Autor schilderte das Geschehen um den Protagonisten Hermann Steputat aus der Perspektive des Kindes Arno Surminski.
Der Bestseller Jokehnen wurde 1987 auch als Fernseh-Dreiteiler erfolgreich und von der Kritik hoch gelobt verfilmt mit einer Besetzungsliste, auf der sich Namen finden wie Armin Müller-Stahl, Monica Bleibtreu, Urlsela Monn, Jörg Pleva, Dietmar Mues.
Surminski schrieb weiter, seinen Job in der Versicherungswirtschaft gab er 1982 auf, er verfasste nun neben der Schriftstellerei freiberuflich Artikel als Wirtschafts- und Versicherungsfachjournalist.
Surminski bleibt bei der Betrachtung seiner ostpreußischen Heimat nicht auf Masuren beschränkt und auch nicht auf die Vergangenheit. Einige seiner Bücher sind außerhalb Masurens im heutigen russischen Königsberger Gebiet (Kaliningradskaja Oblast) angesiedelt und ein Stück Vergangenheitsbewältigung wie „Winter Fünfundvierzig oder Die Frauen von Palmnicken“, „Sommer vierundvierzig: Oder wie lange fährt man von Deutschland nach Ostpreussen?“, oder „Vaterland ohne Väter“. Andere seiner Romane spielen in der Nachkriegszeit und verbinden geschickt durch die Konstruktion einer Masurenreise Deutsch-Deutsches wie in „Polninken oder eine deutsch-deutsche Liebe“. Oft führt dabei eine direkte Linie zurück zu einem Vorkriegsidyll, das bei Surminski allerdings niet in eine unreflektierte Verklärung abrutscht. Immer wieder entdeckt der Leser, dass es in der Vorkriegs- und Kriegszeit selbst in der immer noch gemütlichen ostpreußischen Abgeschiedenheit im Dritten Reich keine heile Welt mehr gab.
Das gelingt Surminski auf subtile Art ohne dass seine Romane dadurch angestrengt-bemüht wirken. Bei allen Leiden von Flucht, Heimat- und Familienverlust, die er selbst als Kind erlebte, sowie tiefer Traumatisierung bleiben Ursache und Wirkung bei Surminski immer sichtbar, Flucht und Vertreibung haben für Arno Surminski eine Vorgeschichte. Das gilt besonders für die Bücher, die sich mit dem Nachkriegsschicksal befassen wie „Kudenow oder An fremden Wassern weinen“ oder „Die Kinder von Moorhusen“.
Dadurch setzte er sich beim Erscheinen seines Erstlings auch zahlreichen Anschuldigungen und Vorwürfen aus, ähnlich, wie es Siegfried Lenz mit seinem „Heimatmuseum geschah. Lenz und Surminski waren die ersten Nachkriegsschriftsteller, die das Thema Ostpreußen aus der Schublade der Heimatliteratur holten, und es der Deutungshoheit der Vertriebenenverbände entzogen. Darüber schrieb Surminski im Jahr 2013 in dem Buch „Jokehnen oder Die Stimmen der Anderen“.
Zu dem großen Werk der Ostpreußenromane hat Arno Surminski eine ganze Reihe von Erzählungen veröffentlicht, deren großes Thema ebenfalls Ostpreußen ist: Märchenhaftes, Heiteres, bisweilen Skurriles, Mundartliches. Zu dieser Seite seines Werks gehören „Damals in Poggenwalde“, „Gruschelke und Engelmannke: Geschichten auf Ostpreußisch und Hochdeutsch“, „Die masurische Eisenbahnreise und andere heitere Geschichten oder der Weihnachtsband „Die masurischen Könige: Weihnachtsgeschichten“. Insgesamt hat Arno Surminski über zwanzig Romane und Erzählbände veröffentlicht.