Das Konzentrationslager Stutthof

KZ Stutthof /Sututowo), Foto: Brigitte Jäger-Dabek

Bereits Mitte August 1939 – Danzig war noch Freie Stadt – rückte ein SS-Trupp mit einer Gruppe von etwa 500 Danziger Gefängnisinsassen an und begann die inzwischen geräumte Altenheimanlage in ein Lager zu verwandeln. Sie errichteten Baracken, zäunten das Gelände ein und trafen organisatorische Vorbereitungen.

Bereits am ersten Kriegstag verhafteten Rollkommandos die ersten 1500 Danziger, und am 2. September wurden die ersten 150 Danziger Juden nach Stutthof gebracht, viele Polen folgten, später ab 1942 auch Sowjets, Norweger, Franzosen, Holländer, Belgier, Tschechen, Litauer, Letten, Dänen sowie Sinti und Roma. Bis zum November 1941 galt Stutthof als Zivilgefangenenlager, wurde dann SS-Sonderlager und erst nach einem Besuch Himmlers im Januar 1942 offiziell zum staatlichen KZ erklärt. Das Lager Stutthof platzte bald aus allen Nähten und wurde bis 1945 ständig weiter ausgebaut. Der Kern der Wachmannschaften war aus dem Danziger SS-Trupp hervorgegangen, der im Sommer 1939 das Lager errichtet hatte, der damalige Anführer Hauptsturmführer Max Pauly wurde bis 1942 erster Lagerkommandant.

Zum Lager gehörte eine Reihe von Satellitenlagern, die über ganz Ost- und Westpreußen verteilt waren, in Stutthof selbst waren Anfang 1942 durchschnittlich 3.000 Häftlinge, 1944 schon 8.000 und am Ende über 20.000. Zusammen mit den über 100 Außenkommandos belief sich die Häftlingszahl damals auf über 52.000, davon waren über 33.000 Frauen (26.000 der 29.000 Juden waren Frauen).

Gegen Ende 1944 nahmen die Häftlingszahlen sprunghaft zu, ganze Transporte ungarischer Jüdinnen (20–30.000) kamen an. Wegen des Vormarsches der Sowjetunion wurden sowohl aus dem Baltikum als auch aus Auschwitz immer wieder Transporte geschickt. Entsprechend veränderte sich die Häftlingszusammensetzung dramatisch, Ende 1944 waren mindestens 70 % der Häftlinge Juden.

Stutthof war in erster Linie Arbeitslager. Die meisten Häftlinge arbeiteten als Sklaven in SS-eigenen Betrieben wie den Deutschen Ausrüstungswerken (DAW) direkt neben dem Lager, in Lagerwerkstätten, in anderen Betrieben und Werken, in den Ziegeleien der Umgebung sowie in der Landwirtschaft. Die Sterblichkeitsrate war hoch, es kam zu großen Typhus- und Fleckfieberepidemien. Die vielen Erschießungen, auch mit der eigens entwickelten Genickschussanlage, und unsägliche Misshandlungen forderten ebenso viele Menschenleben. Die im Sommer 1944 in Betrieb genommene Stutthofer Gaskammer war klein, ihre Kapazität reichte nicht aus, so wurden immer wieder Häftlinge in besonders abgedichteten Eisenbahnwaggons der ins Lager führenden Kleinbahn vergast.

Die militärische Situation verschlechterte sich seit Sommer 1944 ständig, mit dem russischen Großangriff im Januar 1945 setzte Chaos und Desorganisation ein, da Ostpreußen nicht rechtzeitig evakuiert worden war. Am 25. Januar, als die Russen nur noch wenige Kilometer entfernt waren, befahl Kommandant Paul-Werner Hoppe die Evakuierung des Lagers ins Reich. Wahrscheinlich waren noch etwa 47.000 Häftlinge (davon 35.000 Juden) im Lager. Es wurden Marschkolonnen von je 1.000–1.500 Häftlingen gebildet, die durch die kaschubische Schweiz Richtung Lauenburg marschierten, bei bitterer Kälte und Schnee, wer nicht mehr weiter konnte, wurde erschossen. Niemand weiß, wie viele auf diesen Todesmärschen gingen und wie viele starben, wahrscheinlich aber um 10.000, von denen mehr als die Hälfte starb. Sowjetische Truppen befreiten die Überlebenden im März 45 in Pommern.

Tausende Häftlinge wurden schon Mitte Januar 1945 nach Osten Richtung Königsberg geschickt, zum Ausbau der „Festung“. In diesen bitterkalten Wintertagen erfroren viele. Weitere Tausende wurden aus den Außenlagern vor der heranrückenden Roten Armee ins Samland gejagt, eine Blutspur markierte den Leidensweg. In Palmnicken wurden die Häftlinge ins Bernsteinwerk an der Ostsee getrieben. Am 31. Januar wurden am Strand unzählige jüdische Häftlinge von der SS massakriert, Hunderte wurden mit Maschinengewehrfeuer in die Ostsee gehetzt, andere im Hof der Bernsteinfabrik erschossen, nicht viel mehr als ein Dutzend überlebte.

Immer noch waren Tausende im seit April 45 von allen Landverbindungen abgeschnittenen Lager, hauptsächlich Jüdinnen. Ende April begann unter ständigen sowjetischen Luftangriffen die Evakuierung über See in 5 kleinen Barkassen Richtung Schleswig-Holstein, viele starben auf diesem letzten Weg. Erst nach der Kapitulation marschierte eine Einheit der Roten Armee am 10.5. ein und befreite Stutthof als letztes KZ der Nazis, nur 120 Häftlinge hatten überlebt. Der erste Kommandant, Hauptsturmführer Max Pauly, wurde 1946 hingerichtet, der zweite Kommandant, Sturmbannführer Paul Werner Hoppe, wurde 1957 in Bochum zu neun Jahren Haft wegen Beihilfe zum Mord verurteilt.

Und die Opfer? Von den 110–120.000 Häftlingen, die das Lager durchlaufen hatten, starben mindestens 65.000, vielleicht sogar 80.000. Von den über 50.000 Juden, die nach Stutthof gebracht worden waren, wurden fast alle ermordet.

Vom Parkplatz des KZ Stutthof, das heute Museum ist, hat man einen ersten Eindruck von den gewaltigen Ausmaßen dieses „kleinen“ Lagers. Die Gedenkstätte umfasst einige alte Lagerbaracken, in denen die Exponate den grauenvollen KZ-Alltag wieder lebendig werden lassen, auch werden stündlich Filme gezeigt, die man auch als Video am Parkplatzkiosk erwerben kann, genau wie Informationsmaterial und einen Lagerplan (deutsch).

Der Besuch der an einem Hochsommertag stickigen und glutheißen Baracken verstärkt noch die Vorstellung von den unmenschlichen Lebensbedingungen im Lager. Der Bereich der Gaskammer und des Krematoriums liegt vom Tor aus gesehen ganz am anderen Ende des Lagers. Der Gang dorthin durch die heute friedliche Stille der Gedenkstätte, dieser Gang, welcher der letzte Gang tausender Häftlinge war, macht den ganzen Wahnsinn deutlich. Für die Gaskammer und das Krematorium gibt es keine Worte, nur Fassungslosigkeit.

 

 

Weitere Informationen zum KZ Stutthof

Der Eintritt zum Staatl. Museum Stutthof ist frei, nur für die Führungen ist ein Entgelt zu bezahlen.. Die Besichtigung des Museums und des gesamten Geländes dauert etwa zwei Stunden. Bitte berücksichtigen Sie, dass der Besuch der Gedenkstätte für Kinder unter 13 Jahren nicht empfohlen wird.

Verwaltung des Museums, Archive und Forschungsbüro für Besucher geöffnet:
Montag bis Freitag von 7.00 – 15:00 Uhr.

Museumsausstellungen täglich geöffnet:
von 1. Mai bis 30. September: 8.00 – 18:00 Uhr
von 1. Oktober bis 30.April: 8.00 Uhr – 15:00 Uhr

Folgende Dokumentarfilme, die alle zwischen 20 und 30 Minuten dauern, können gesehn werden:
“Ambulanz”
“Konzentrationslager Stutthof bei Danzig”.
“Albert Forster”
“Stutthof – ein paar Tage danach”-

Das Kino befindet sich in der ehemaligen Kommandantur, an der Nordseite. Vorführungen finden im Sommer halbstündlich von 8:00 und 17:00 Uhr statt, in der Nebensaison auf Anfrage für mind. 15 Personen. Kostenbeitrag: 3 PLN / Person.

Führungen in Englisch und Deutsch nur nach vorheriger Anmeldung. Führungen  für Gruppen nach Voranmeldung. Link zum Antragsformular: www.stutthof.org . Der Preis für die Führung in deutscher, englischer oder russischer Sprache liegt bei 140 PLN/Gruppe

Muzeum Stutthof
ul. Muzealna 6
82-110 Sztutowo
Tel:+48552478353 + 798418024 Fax:+48552478358
eMail:sekretariat@stutthof.org
Internet:
www.stutthof.org

 

Mehr zum Thema bei “Zukunft braucht Erinnerung”